Besuch in Polen unter “besonderen Vorzeichen”
Die polnische Kleinstadt Korczyna liegt im südöstlichen Zipfel Polens, nahe der Grenze zur Slowakei und nicht weit von der Ukraine entfernt. In dieser eher unbekannten Region fand im April das zweite Treffen von vier Schulen im Rahmen eines Comenius-Projektes statt. Schüler und Lehrer der KBS Nordhorn trafen sich dort mit ihren Projektpartnern aus Spanien und Griechenland; Gastgeber war die Zespól Szkól in Korczyna.
Dass der Besuch für alle Teilnehmer zu einem Erlebnis der ganz besonderen Art wurde, konnte vorher niemand ahnen. Nach dem tragischen Flugzeugabsturz in Smolensk war schnell geklärt, den Besuch wie geplant stattfinden zu lassen, obwohl er in die Zeit der für Polen angeordneten Staatstrauer fiel. So konnten die Schüler neben ihrer eigentlichen Arbeit auch die überwältigende Anteilnahme der Bevölkerung am Tod ihres Staatspräsidenten miterleben. Obwohl das öffentliche Leben in Polen weiterging, waren Trauerbeflaggung, Blumenschmuck und Grablichter in den Städten allgegenwärtig, das Fernsehen berichtete fast ununterbrochen von den Ereignissen. Wie alle anderen Feierlichkeiten und Unterhaltungsveranstaltungen in dieser Woche musste auch die von der Zespól Szkól geplante Welcome-Show ausfallen. Während der offiziellen Begrüßung der Besucher wies der Schulleiter auf die besondere Situation hin, und es wurde zum Ausdruck der Anteilnahme eine Schweigeminute eingelegt. Besonders deutlich wurde die Betroffenheit vieler Polen beim Besuch der Stadt Krakau, die bereits ganz im Zeichen der geplanten Trauerzeremonie stand. Während des Stadtrundgangs sah man an vielen Kirchen und besonders am Katyn-Monument viele Menschen, die sich zum stillen Gedenken versammelt oder Blumenschmuck und Kerzen gebracht hatten. Durch diese Eindrücke wurde das Treffen in Polen sicher für alle Teilnehmer zu einem ganz besonderen unvergesslichen Erlebnis.
Ziel der von der Europäischen Union geförderten Comenius-Projekte ist unter anderem, innerhalb Europas den sozialen Zusammenhalt, eine aktiven Bürgerschaft und den interkulturellen Dialog zu stärken sowie das Sprachenlernen und die sprachliche Vielfalt in Europa zu fördern. An diesen Zielen arbeitet seit letztem Sommer eine Schülergruppe der KBS Nordhorn im Rahmen des Projektes “G.A.T.E. – Getting Across and Translating in Europe”, in dem es um die Besonderheiten des Lebens in grenznahen Regionen geht.
Nach einem ersten Treffen, das im Herbst 2009 in Rianxo, einer stark von Fischerei und Muschelzucht geprägten Kleinstadt im äußersten Nordwesten Spaniens stattfand, ging es dieses Mal in die südöstliche Ecke Polens in die ländlich geprägte Kleinstadt Korczyna. Von der KBS Nordhorn starteten die Schüler Kristin Atmann, Marina Mollen und Sascha Schophuis aus der Klasse 11 des Fachgymnasiums Wirtschaft mit den Projektbetreuern Birgit Thier und Heinz-Georg Beckmann. Die Projektgruppen der vier Partnerländer hatten seit dem letzten Treffen DVDs vorbereitet, um den anderen Teilnehmern die Besonderheiten ihrer eigenen Regionen in Filmszenen und Bildsequenzen vorzustellen. Außer der gemeinsamen Arbeit an den Projektthemen und der Planung des nächsten Projektabschnitts hatten die Teilnehmer Gelegenheit, “Land und Leute” der polnisch-slowakischen Grenzregion kennen zu lernen. Dies geschah neben der Teilnahme am Schulunterricht, Besichtigung der regionalen Sehenswürdigkeiten und einem Besuch beim Bürgermeister vor allem durch die Gastfreundschaft der polnischen Gastfamilien, die den Schülern Einblick in ihr Alltagsleben und natürlich die gute regionale Küche gaben.
Als weiteren Programmpunkt gab es einen Tagesauflug in die slowakische Grenzregion mit einer Besichtigung der Stadt Bardejov, deren historisches Stadtzentrum zum Weltkulturerbe der Unesco zählt. In Bardejov fand auch ein Schulbesuch statt. Der Schulleiter betonte in seiner Begrüßung besonders die finanziellen Probleme seiner Region und die Abhängigkeit der Schule von finanzieller Förderung durch die EU.
Der Abschluss des Besuchs stand ganz im Zeichen des Vulkanausbruchs auf Island, der die geplante Rückreise aller Teilnehmer zunächst unmöglich machte. Die deutsche Gruppe hatte während einer langen Busreise die Möglichkeit, weit mehr von der polnischen Landschaft zu sehen als ursprünglich erwartet, ist aber nach 20stündiger Fahrt bereits am Sonntag morgen als bisher einzige Gruppe wohlbehalten wieder zuhause angekommen.
Birgit Thier