Fachgruppe Industrie informiert sich über Bünting Group und Meyer Werft

  • Beitrag veröffentlicht:2. Mai 2014
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Wieder einmal waren Mitglieder der Industriefachgruppe unterwegs, um sich vor Ort ein Bild von der betrieblichen Realität zu machen.

In diesem Fall waren die Unternehmen, denen ein Besuch abgestattet wurde, zum einen die Bünting Beteiligungs AG in Nortmoor und die Meyer Werft GmbH in Papenburg.

Wenn heute im Nordwesten Deutschlands Tee getrunken wird, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass es sich um Tee aus dem Hause Bünting handelt. Das traditionsreiche Haus ist Marktführer im Teetrinkergebiet und hat den Handel, die Verbreitung und den Genuss von Tee hierzulande entscheidend mitgeprägt.

Die Kolleginnen und Kollegen erfuhren durch einen Vortrag von der bewegten Geschichte des Unternehmens, das sich heute über viele Geschäftsfelder (der klassische Teehandel spielt nur noch eine untergeordnete Rolle, auch wenn der Name Bünting noch immer genau für dieses Produkt steht; so gehören heute zur Bünting Group die bekannten Handelsunternehmen COMBI oder auch Markant, daneben Technikhandel und Dienstleister) erstreckt. Neben regionalen Lieferern, die höchsten Qualitätsansprüchen genügen müssen (klassische Kartoffelanbauer im ostfriesischen Bereich), erstreckt sich das Beschaffungs- und Absatzgebiet von Bünting auf ganz Deutschland, aber auch darüber hinaus. Entscheidende Erfolgsfaktoren im Handel sind die Qualität der Produkte und die Verlässlichkeit des Anbieters. Diese Faktoren werden vom Kunden honoriert. Um dem Wettbewerbsdruck im Handel standzuhalten, unterhält Bünting u. a. ein modernes Warenlager und Warenverteilzentrum, so dass die Märkte täglich mit frischer Ware beliefert werden können.

In den detaillierten Ausführungen wurde von dem ehemaligen Vorstandsmitglied, Herrn Vieler, darauf hingewiesen, dass sich Bünting der Bedeutung des Erfolgsfaktors “Mitarbeiter” sehr bewusst ist. Gerade in Bezug auf zukünftige Handlungsfelder des Unternehmens spielt die Rekrutierung junger, qualifizierter und motivierter Mitarbeiter eine große Rolle. Aber: auch die älteren Mitarbeiter mit ihrer Erfahrung sollen so lange wie möglich im Unternehmen verweilen dürfen, um ihr Wissen an die jüngeren weiterzugeben. Der Eintritt in den Ruhestand sollte vom Gesetzgeber nicht vorgegeben werden, sondern flexibel handhabbar sein, so dass der betreffende Mitarbeiter selbst entscheidet, wann er ganz oder auch teilweise in den Ruhestand wechselt.

Als nur ein Handlungsfeld, das uns als Gesellschaft insgesamt, die Unternehmen und damit eben auch Bünting ganz konkret beschäftigen werde, nannte Herr Vieler den demografischen Wandel.

Die Kolleginnen und Kollegen konnten auf einer Fahrt durch das Lagerzentrum einen Eindruck davon gewinnen, wie viele Artikel (u. a. auch im Tiefkühlkostbereich) Bünting bevorratet, um stets den Kundenwünschen Genüge zu tun. Nach gut drei Stunden der Information und Besichtigung kamen die Teilnehmenden in den Genuss eines original ostfriesisch zubereiteten (Bünting-)Tees.

Nach einer kurzen Mittagspause und der Fahrt nach Papenburg, begann um 14:30 Uhr die Werksbesichtigung auf der in dieser Stadt tätigen Meyer Werft. In den zweieinhalb Stunden, in denen wir in die Geschichte und die aktuellen Fragen des Schiffbaus bei Meyer eingeführt wurden, lag auch hier unser Augenmerk auf der Fragestellung, inwieweit eine optimierte Logistik als Erfolgsfaktor von Bedeutung ist. Es war sehr schnell klar, dass der hochkomplexe Schiffbau (Bauzeit eines Kreuzfahrtschiffes z. B. ca. 14 Monate; Wert ca. 600 Mio. €, Zahl der am Bau beteiligten Mitarbeiter bis zu 10.000) genau im Bereich der Logistik und damit der zuverlässigen Fertigstellung der Schiffe (z. T. wird auf dem Weg von der Werft oder auch zum Kunden selbst noch auf dem Schiff gearbeitet, so dass letzte Arbeiten fertig werden) einen entscheidenden Faktor sieht. Gerade durch die zunehmende Konkurrenz aus Fernost, die derzeit zwar kostengünstiger, aber noch nicht auf vergleichbarem Qualitätsniveau produziert, kann sich die Meyer Werft am Markt behaupten. Die Vielfältigkeit der Aufträge, die die Werft abdecken kann (Neubau, Reparatur, Ausstattung; Fähren, Containerschiffe, Gastanker und eben Luxusliner), stellt hierbei eben auch einen Vorteil an Flexibilität dar, der je nach Auftragslage ein Umdisponieren von Arbeitskräften und Maschinen ermöglicht.

Der modulartige Aufbau der Schiffe erlaubt eine Kostenersparnis, die sich ebenfalls spürbar in den Produktionskosten niederschlägt. So können (hier sei nur ein Beispiel genannt) die Kabinen in den Luxuslinern en bloc von außen, also durch die Öffnung des Schiffrumpfes zum Meer hin, eingesetzt werden. Die Kabinen werden also bereits vorgefertigt, angeliefert und dann zeitgerecht eingesetzt, so dass hier eine enorme Zeitersparnis realisiert wird. Da viele Fremdfirmen an der Fertigstellung von Schiffen beteiligt sind, müssen deren Arbeiten in den Produktionsprozess eingebunden werden. Um den Ablauf zu optimieren, endet die eigentliche Arbeit am Schiff i. d. R. nach einer Schicht, um dann den Fremdfirmen und Ausstattern die Möglichkeit zu geben, ihre Arbeiten voran zu bringen. Die Prozesse sind derart zahlreich, vielfältig, überlappend und komplex, dass es einen Außenstehenden beeindruckt, dass alle Arbeiten bisher immer zeitgerecht erledigt werden konnten. Angesichts der Konventionalstrafen, die bei den Verträgen mit dem Auftraggeber eingearbeitet sind (Passagiere können bereits lange vor Fertigstellung Plätze auf dem Luxusliner buchen, da die Reederei die erste Fahrt des neuen Schiffes bereits Monate vorher bewirbt und Buchungen annimmt), verwundert es nicht, dass Meyer den vereinbarten Termin unter allen Bedingungen einzuhalten versucht.

Das Unternehmen ist nach wie vor in Familienbesitz und hat auf der einen Seite als großer Arbeitgeber und Steuerzahler enorme Bedeutung für die Region. Aus Umweltgesichtspunkten bringt das Überführen derart großer Schiffe auf das offene Meer auf der anderen Seite dennoch Probleme mit sich. Die Vertiefung, Verbreiterung und das Aufstauen der Ems ist aus naturschutzrechtlichen Gründen sehr problematisch. Hier hat die Region stets einen Kompromiss zwischen Interessen eines Unternehmens und dem Naturschutz zu finden. Sollte der Trend zu immer größeren Schiffen anhalten, ist Meyer in seinen Möglichkeiten, Aufträge anzunehmen, irgendwann an der natürlichen Grenze (Möglichkeiten, die die Ems bietet) angelangt und wird sich über einen möglichen Standortwechsel Gedanken machen müssen.

Ein Großereignis stellt die Überführung eines fertig gestellten Schiffes über die Ems bis in die Nordsee dar. Zigtausende von Besuchern lassen sich dieses Spektakel regelmäßig nicht entgehen und schauen vom Deich aus zu, wie das Schiff, mit z. T. nur ca. 1 Meter Abstand zu Brücken oder sonstigen Hindernissen, auf das offene Meer geführt wird.

Günther Bergmann