Wer trägt die Schuld? – Atonement (Abbitte) als Schulvorstellung im UCI Kino Nordhorn

  • Beitrag veröffentlicht:29. Juni 2023
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Mit fünf Kursen und fast 90 Schülern war der Saal relativ gut gefüllt, um die Verfilmung der Pflichtlektüre für das Englisch-Abitur 2024 zu schauen. Auf Initiative von Fachlehrer Holger Jouppien, der im Rahmen seines Betreuungsbereiches die Schulvorstellung in Zusammenarbeit mit David Zimmermann vom UCI Kino organisiert hatte, kamen die Schülerinnen und Schüler am 16. Juni 2023 im Foyer des Kinos zusammen und stürmten erstmal die Theke. Nachdem alle mit Popcorn, Nachos, Cola oder anderen leckeren Dingen zum Mittag eingedeckt waren, konnte um 13:30 Uhr die Vorstellung beginnen.

Die Technik spielte zu Beginn nicht ganz mit, da ganz old-school eine Blu-Ray gezeigt wurde. Schließlich lief der Film und die Handlung rund um Briony, Cecilia und Robbie konnte ihren Zauber in der Kinoatmosphäre verbreiten. Über 120 Minuten wurde der preisgekrönte 370-Seiten-Roman von Ian McEwan in vielen Aspekten gekonnt gekürzt, aber nah am Original dargestellt. Einzig der völlig vom Buch abweichende Schluss stellte eine Überraschung dar.

Die Frage nach Schuld und Sühne, der titelgebenden Abbitte, entfaltet sich an der Frage, ob man Briony, einer 13-jährigen Tochter aus gutem Hause und angehenden Schriftstellerin, die in romantischen Bildern denkt, vorwerfen kann, dass sie durch eine Falschaussage den Gärtnerssohn Robbie ins Gefängnis bringt. Durch das Schreiben eines Romans kurz vor ihrem Lebensende möchte sie alles geraderücken und um Abbitte flehen. Gewährt kann ihr diese nicht mehr werden, da die Betroffenen, ihre ältere Schwester Cecilia und deren Geliebter Robbie, nicht mehr leben. Aber durch ihre Tätigkeit als Krankenschwester und die Versorgung von schwer verletzten Soldaten, physisch wie psychisch, stellt eine Art Abbitte dar. Nur, was hat sie damals zur Falschaussage angetrieben? War sie selbst in Robbie verliebt? War es einfach ihre blühende Fantasie? Diese Frage wurde u. a. in der dem Film folgenden Diskussionsrunde erörtert und blieb offen.

Thematisiert wird im Buch und im Film auch der Zweite Weltkrieg. Ende Mai 1940 waren alliierte Truppen soweit von der deutschen Armee rund um Dünkirchen in Nordfrankreich eingezingelt, dass sie nur noch mit Schiffen nach Großbritannien gerettet werden konnten. Robbie kann sich durch Teilnahme als Soldat am Krieg von der Gefängnishaft befreien, stirbt aber letztlich an einem Granatensplitter und die daraus resultierende Entzündung. Er hatte aber die Chance, seine geliebte Cecilia zu treffen und alles mit ihr zu klären. Cecilia hat zu ihm gehalten, sich von ihrer Familie abgewendet, trotz eines Cambridge-Studiums im Krankenhaus gearbeitet und ist Vorbild für ihre kleine Schwester Briony. Damit versuchen beide etwas gutzumachen. Aber tragen sie auch die Schuld dafür? 

Die Szenen am Dünkirchener Strand zeigen Soldaten in einem verlassenen Freizeitpark und verwaisten Gaststätten, dem Kriegshorror für wenige Sekunden entronnen. Aber das Grauen liegt über allem und kann nicht verdrängt werden. Schriftstellerisch hat sich Ian McEwan durch die Erzählperspektivenwechsel, den Umgang mit der Sprache und die Charakterzeichnung sein Lob verdient. Kritiker bemängeln, dass der britische Autor nur über die Liebe schreiben kann. Aber die Kriegsszenen sind in einfacher Sprache so realistisch dargestellt, dass die filmische Umsetzung nicht sehr schwierig war. Der Film stellt eine gelungene Adaption von 2007 dar, aber die Schüler, denen heute schnelle, actiongeladene Filme mehr liegen, fanden ihn im Allgemeinen zu ruhig, langatmig. So gehen Geschmäcker mittlerweile auseinander und die Umsetzung künstlerischer Inhalte in zeitgerechte Bilder wird zusehends anspruchsvoller.

Unser Dank geht ans UCI Kino und Herrn Zimmermann, die das Schauen des Films zu einem günstigen Kurs möglich machten. Vielen Dank auch an die Kolleginnen und Kollegen und vor allem die Schülerinnen und Schüler, sich auf diesen Film einzulassen. Das gemeinsame Erlebnis im Kino ist eine gute Alternative zum Schauen im Klassenraum und bringt den Streamern das Medium Film nochmal näher.